Adolf Molnar (1905-1988), ein österreichischer Dissident als Löwenwärter im finnischen Tivoli Sariola

Molnar, der im proletarischen Umfeld Wiens aufwuchs, trat 1923 als 18-Jähriger aus der Evangelischen Kirche aus und in die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) ein. Von 1927-1929 war er Sportredakteur der Wiener „Roten Fahne“. 1930 musste Molnar, mit dem Vorwurf konfrontiert Anhänger des Trotzkismus zu sein, die KPÖ verlassen und wurde „parteiloser Kommunist“, wie er es beschrieb. 1934 heiratete Molnar die Jüdin Hanna Raiman. Im März 1938 floh er vor der Wiener SA über die Niederlande in das damals noch zu Litauen gehörende Memelgebiet. Im Frühjahr 1939 setze Molnar mit Hilfe jüdischer Hilfskommitees seine Flucht über Riga und Tallinn nach Helsinki fort, von wo aus er plante, mit der Bahn in die nordschwedische Hafenstadt Luleå zu gelangen. Im  Zug traf er mit Alfred Pitsch einen österreichischen Landsmann. Pitsch war Raubtierdompteur, Entfesselungskünstler, Messer und Lassowerfer und arbeitete im Tivoli „Sariola“, der eine Mischung aus Rummelplatz und Zirkus darstellte und in ganz Finnland reiste. Molnar unterbrach seine Fahrt und half in Rovaniemi beim Aufbau des Tivolis. Das internationale Milieu mit Artisten aus Estland, Finnland, Lettland, Österreich, Schweden und Ungarn nahm den Flüchtigen Molnar in ihren Kreis auf. Noch in Rovaniemi wurde ihm angeboten als Löwenwärter für den Raubtierdompteur Pitsch zu arbeiten. Die Aufenthalts – und Arbeitserlaubnis, „um die hunderttausend Emigranten mit Nägeln und Zähnen kämpften“, wie Molnar in seiner 1982 erschienen Autobiograhie „Unstet und flüchtig“ schrieb, organisierte der Direktor des Tivolis Johan A.F. „Jaffu Sariola“. Nach Ausbruch des finnisch-russischen Winterkrieges meldeten sich Molnar und Pietsch freiwillig zur finnischen Armee, wodurch sich ihre Aufenthalts- und Arbeitsbewilligungen automatisch verlängerten. 1948 zog Molnar noch eine Saison lang mit Pitsch und dem Unternhemen „Sariola“ durch Finnland.

Autor:

Malte Gasche

Quellen:

Molnar, Adolf: Unstet und flüchtig. Eine Lebensgeschichte. Darmstadt 1982: Nevala, Heikki: Huvielämän kiertolaisia: kotimainen sirkus ja tivolitoiminta 1900–1950. Helsinki 2015.

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