Gnugo De Bar (1940-2015) – Born in a camp; the internment of the Italian circus family De Bar during WWII

Gnugo (Giacomo in seinem amtlichen Ausweis, weil Gnugo ein Sinti-Name war) war der Enkel von Giovanni (Jean) De Barre, einem französischen Sinto; und Ida Truzzi, eine Zirkusartistin aus einer altitalienischen Zirkusfamilie. Der Name seines Vaters war Armando De Bar (genannt Ciao), der als Akrobat arbeitete; die Mutter war Albertina Innocenti (genannt Gonia), die aus einer Jahrmarktsfamilie stammte.

In den 1920er Jahren führten die Großeltern vor allem akrobatische Nummern in den legendären Zirkussen von Teta Togni und Paolo Orfei auf. In den dreißiger Jahren reiste Jean De Bar (der französische Familienname wurde italienisiert) mit seiner eigenen Zirkusshow durch Norditalien, an der alle seine 10 Kinder teilnahmen. Wenige Monate nach dem Kriegseintritt Italiens (10. Juni 1940) endete das Wanderzirkusleben der Familie De Bar. Die italienischen Sicherheitsbehörden nutzten den Kriegseintritt, um die Internierung aller für die Staatssicherheit gefährlichen Personen (Antifaschisten, Ausländer feindlicher Länder und “Zigeuner” ohne festen Wohnsitz) anzuordnen. Besonders betroffen von dieser Maßnahme waren italienische Sinti, die oft als ambulante Handwerker, aber auch als Straßenmusiker oder Künstler versuchten, ihren Lebensunterhalt zu verdienen.

Bisher konnten Recherchen für die italienische Halbinsel 20 Internierungsstellen und 3 Internierungslager für sogenannte “Zigeuner” identifizieren. In der Internierungsstätte Prignano della Secchia wurden zwischen 1940 und 1943 etwa 80 Personen interniert. Die Lagerbedingungen waren hart. Die Insassen wurden nicht ausreichend mit Essen versorgt. In den kälteren Monaten fehlte Holz zum Aufwärmen. Einigen Internierten wurde von den Behörden erlaubt, für die Dorfbewohner aufzutreten, um etwas zu essen zu bekommen. Im September 1943 nutzte die Familie De Bar das Machtvakuum, das durch den Zusammenbruch des faschistischen Regimes in Rom und den Waffenstillstand zwischen der neuen italienischen Regierung und den Alliierten (8. September 1943) entstanden war, um die Internierungsstätte Prignano della Secchia zu verlassen. Um nicht in die Hände deutscher Sicherheitsbehörden und ihrer italienischen Helfer zu geraten,

Im Sommer 1945 begann die Familie De Bar erneut, mit ihrer Zirkusshow durch die italienische Landschaft zu reisen. In der Clownshow spielte Gnugo die Rolle des dummen August. 1964 hörte die Familie mit ihrer Zirkusshow auf zu reisen. Danach kaufte Gnugo ein Karussell und verdiente seinen Lebensunterhalt als Schausteller. Auch seine Familiengeschichte hat er in dem 1998 erschienenen Buch „Strada, patria sinta“ [Die Straße der Sinti] niedergeschrieben.

 

Am 10. April 2010 nahm er an der feierlichen Einweihung der Gedenktafel für die in Prignano sulla Secchia internierten Sinti teil. In der Öffentlichkeit brachte Gnugo sein Engagement für die Zirkuswelt gewöhnlich zum Ausdruck, indem er eine Conferencier-Jacke trug, ein typisches Kleidungsstück für den Zirkus. Bild: Paola Trevisian

Autor: Paola Trevisan

Quellen:

De Bar, Gnugo: Strada, patria sinta. Cento anni di storia nel racconto di un saltimbanco sinto. Florenz 1998; Torre, Vladimiro, Relandini Walter et alii: Storie e vite di sinti dell’Emilia, Paola Trevisan (Hrsg.). Roma 2005; Trevisan, Paola: «Sinti e circensi: storia di un legame invisibile»:   Alle Radici dell’Europa. Mori, giudei e zingari nei Paesi del Mediterraneo occidentale, Bd. III: secoli XIX-XX, Felice Gambin (Hrsg.). Firenze 2011, S. 249-273; Trevisan, Paola:   Die Internierung italienischer Sinti in der Provinz Modena während des Faschismus: von der Ethnographie zur Archivforschung , in Romani Studies , 2013, Dezemberausgabe, Bd. 23 (2): 139-160,

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